Ulrich, was ist dein WHY I CARE?
Pflege, die sich nicht nach Pflege anfühlt
„Pflege ist eine Speiche meines Rades. In der Mitte steht mein persönliches WARUM: Menschen, die keinen Status haben, einen Status zu geben. Für dich mag das neu sein, aber wir in der Pflege kennen das. Das will keiner. Es ist nicht sexy. „Es ist Krankheit und Siechtum auf Kunden- und dick und tätowiert auf Mitarbeiterseite”, hat mir mal jemand gesagt. So wird es gesehen in der öffentlichen Wahrnehmung. Das ist ja genau mein Thema, das zu ändern. Also Wertschätzung, die in der Pflege fehlt, die für die Pflege fehlt, zu erhöhen. Ich habe es mir zur Lebensaufgabe gemacht, das zu ändern. Aus diesem Grund höre ich ja auch oft „Ach, ihr seht ja gar nicht nach Pflege aus” oder „Hätte ich jetzt nicht gedacht, dass du in der Pflege bist.“ Ich frage dann immer nach: „Warum nicht? Wie sieht Pflege denn aus?” und: „Geht es eigentlich nur ums Aussehen oder vielleicht auch darum, was wir wirklich tun?“
Ulrich Zerhusen, Zerhusen&Blömer GmbH, Interview im Februar 2021
Und so ist es dazu gekommen
Die vielen Gespräche mit Ulrich Zerhusen haben mir sehr viel gegeben und sind an mehr als einer Stelle in den Text eingeflossen. Lass auch dich inspirieren: Wie kommt es dazu, dass ein völlig Branchenfremder zum Vorkämpfer in einer Branche wie der Pflege wird?
Als Ulrich vor mehr als 10 Jahren die Pflegeeinrichtung seiner Mutter übernommen hatte, kam er aus der Industrie. Er hatte bis dato bei Herstellern von Spritzgießmaschinen, Thermoformanlagen und Extrudern gearbeitet, unter anderem in den USA. Er ist eingesprungen, als seine Mutter in der Heimat schwer krank wurde. Die Pflegeeinrichtung war ihr Lebenswerk. Ulrich sagt selber, dass die neue Branche zuerst ein echter Kulturschock für ihn war. Und: Je mehr er hinter die Kulissen schaute, desto stärker bekam er das Gefühl, dass die Pflege als Branche am Boden lag. Ihm wurde damals klar: Er wollte seinen Beitrag dazu leisten, das ein kleines Stückchen besser zu machen. Heute hat sein Unternehmer nicht nur 220 Beschäftigte, zusätzlich hat er auch noch eine Stiftung ins Leben gerufen, um neue Ansätze im Bereich Demenz zu entwickeln. Außerdem hat er mit Care&Creation eine Marketingagentur gegründet, die sich auf die Fahne schreibt, das Image der Pflege zu verbessern. Wie geht das alles? Werfen wir einen Blick hinter die Kulissen.
Neue Ansätze meets Tradition
on der großen Karriere in ein 1.500 Seelen Dorf. Als Ulrich Zerhusen mit Ende 20 das Unternehmen übernahm, hatte er noch in den USA gearbeitet. Der Schritt war vor allem für seine amerikanische Ehefrau, die damals kein Wort Deutsch sprach, eine echte Herausforderung. Seitdem hat er Verantwortung für den Ort übernommen. Von den Nonnen vom Video hat er ein marodes Kloster übernommen und saniert. Was über Jahre eine Zitterpartie war, ist heute eine Erfolgsgeschichte. Die Nonnen lassen sich heute von seinem Team pflegen – und mit neuen Ansätzen wie Crossfit fürs Alter fit halten.
Ein ganzer Firmenverbund rund um die Pflege
- Jahr der Übernahme von Ulrichs Mutter: 2011
- Genaue Bezeichnung Zerhusen und Blömer GmbH, Webseite: www.zerhusenbloemer.de
- Anzahl der Mitarbeiter: 220
- Werbeagentur, spezialisiert auf die Pflegebranche: care&creation GmbH, Webseite: www.care-and-creation.de
- Einrichtung, die das Kloster betreibt: St. Anna-Stift Kroge GmbH
Herausforderungen bei der Nachfolge
Mutter Zerhusen verfolgte einen ganz anderen Stil als ihr Sohn. Mit ihrer beziehungsorientierten Art umarmte sie nicht selten ihre Mitarbeiter*innen, verschenkte Blumen und überschüttete ihr Umfeld mit Wärme und Zuneigung. Entsprechend zog das Unternehmen die Art Personal an, die genau das suchte und bei Mutter Zerhusen fand. Alle waren glücklich. Bis…
Komplett anderer Stil
… ihr Sohn UlrichZerhusen das Ruder übernahm. Er tickt völlig anders als seine Mutter. Auch er ist voller Wertschätzung für seine Mitarbeiter*innen, allerdings deutlich weniger beziehungsorientiert. Die Wertschätzung zeigt er anders: mit Vergütungen und materiellen Vorteilen.
Das unterscheidet ein Familienunternehmen vom Konzern: Konzerne geben eine Philosophie vor. Im Idealfall werden Schlüsselpositionen passend besetzt. Die Geschäftsführung sollte also eine Person innehaben, die der Philosophie des Konzerns folgt. Bei einem Familienunternehmen sieht es anders aus. Hier ist der Inhaber allentscheidend, und sein Stil prägt das Unternehmen.
Erfolgsfaktor Nachfolge
Fazit fürs Familienunternehmen: Wird die Nachfolge familienintern geregelt, folgt das Unternehmen der Geschäftsführung – und nicht umgekehrt. Wenn also die nächste Generation völlig andere Charaktereigenschaften mit sich bringt, muss sich das Unternehmen ändern. Alles andere führt zu unlösbaren Konflikten. Bei Zerhusen & Blömer hat es geklappt.
Neue Wege gehen in Bereichen wie Demenz
„Pflege die nicht nach Pflege aussieht.“
Das ist der Wahlspruch vom Familienunternehmer Ulrich Zerhusen. Beispiel Demenz. „Da ist jemand sein Leben lang Führungskraft. Und nur weil er seine Sprache verliert, geht plötzlich sein ganzer Status verloren? Und so wird er auch behandelt? Wir sehen es als Aufgabe, ihm sein Ansehen wiederzugeben.“ Ansätze wie dieser haben ihm und seinem Team u.a. eine Auszeichnung durch Königin Silvia von Schweden eingebracht, mit deren Stiftung „Silviahemmet“ die Einrichtung eng kooperiert.
„Warum wir pflegen“
O-Ton Ulrich Zerhusen: „Es geht nicht darum, was wir tun und welche Maßnahmen wir abhaken. Es geht darum, warum wir es tun: Wir helfen Menschen dabei, ihre Würde, ihren Status, ihr Ansehen zu behalten. Und wir tun das aus Wertschätzung dieses Menschen gegenüber. Weil er etwas wert ist! Weil er einen Wert hat! Egal, wie alt er ist. Egal, wie gut er noch kann. Egal wie lange er noch zu leben hat.“
„Vielleicht war ich dafür ja auch gerade als Branchenfremder gut geeignet. Ich hatte eben gar nicht erst die üblichen Denkbarrieren von jemandem im Kopf, der schon ewig dabei ist.“
„Bis heute kritisieren viele unsere Positionierung, die noch aus dieser Zeit stammt: ‘Pflege, die nicht nach Pflege aussieht.’“
Ulrich Zerhusen
Erfolgsgeheimnisse
„Wir sind ein Familienunternehmen!“, sagt Ulrich Zerhusen.
Aber was genau heißt das eigentlich?
„Familie ist wie die Wurzeln eines Baumes.“ Ulrich Zerhusen hat diesen Spruch einmal gelesen und auf sich und das Unternehmen angewendet. Sprich: Seiner Überzeugung nach kann ein Baum nur wachsen und gesund sein, wenn er feste Wurzeln hat. Und dann hält er auch jedem Sturm stand.
- Übersetzt auf den Arbeitsalltag heißt das Prinzip dahinter Gegenseitigkeit. O-Ton Ulrich:
„Wir hoffen, dass unsere Kollegen merken, wie sehr wir uns als Familien jeden Tag für sie einsetzten, für sie arbeiten. Warum machen wir das? Weil auch sie jeden Tag hart für uns arbeiten! Weil wir uns gegenseitig unterstützen. Weil wir zusammen stärker sind.“
Das haben wir zuletzt in der Corona-Krise erneut unter Beweis gestellt. Ich erinnere mich noch sehr genau als der Landrat zu mir sagte: „Stellen Sie sich darauf ein, dass morgen die Kamera-Teams bei Ihnen vorm Haus stehen.“ Wir haben uns nicht entmutigen lassen. Wir haben zusammengehalten. Wir haben die Angst zwar gespürt, ihr aber keinen Raum gegeben, sie nicht zugelassen. Wir haben gesagt: wir fangen jetzt erstmal an und machen das Mögliche möglich. Morgen machen wir das dann nochmal so. Wir haben uns bereichsübergreifend geholfen. Corona hat uns zusammengeschweißt und stärker gemacht.“
Live erleben: Zerhusen & Blömer in Bildern
Sinn und Werte? Mit diesen Worten motiviert Ulrich Zerhusen sein Team:
„Wir alle tragen unseren Teil dazu bei, dass es vielen Menschen besser geht, 500 jeden Tag, um genau zu sein. Weil es dich gibt, geht es vielen Menschen besser. Weil du zur Arbeit kommst, geht es vielen Menschen besser!…Und auch wenn wir in der öffentlichen Wahrnehmung nicht die Anerkennung bekommen, die wir verdient hätten: Wenn jemand Selbstbewusstsein haben darf, dann seid ihr es doch! Bitte seid stolz auf das was ihr tut!“
Ulrich, wo willst du künftig noch hin?
„Ich kann heute gar nicht sagen, dass ich in zwei Jahren bei 15 Millionen Euro Umsatz oder so ähnlich sein möchte. Und vielleicht ist das auch eines der Zeichen der neuen Zeit, dass das eben heute nicht mehr so ist. Es ist nicht mehr so planbar wie früher. Vielmehr schaue ich nach Projekten, auf die ich Lust habe und die mir sinnvoll erscheinen, und entscheide immer wieder neu, wo ich reingehe. Das kann auch heißen, dass ich meine Bestimmung nicht unbedingt nur als Unternehmer finde. Vielleicht übernehme ich auch irgendwann eine Rolle im Berufsverband. Oder ich gehe bei uns vor Ort in den Stadtrat. Das will ich mir offen lassen. Wichtig ist für mich, dass ich meine Stärken kenne und deshalb genau entscheiden kann, wo ich sie am besten einsetze.“
„Als wir das Interview im Februar 2020 geführt haben, war Ulrich noch in noch keinem politischen Amt – seit dem Herbst ist er jetzt im Stadtrat. Auch auf der politischen Bühne will er sich weiter für die Pflege einsetzen. Seine Vision: In jedem kleinen Ort soll künftig ein Pflegeunternehmen verfügbar sein.“
Zum Abschluss: Noch etwas mehr…
Königliche Auszeichnung
Das große Pflege-Förderprogramm
Website:
Adresse:
Zerhusen und Blömer GmbH
Kroger Str. 50
49393 Lohne
Telefon: 04442-8050
Bist du mit dabei?
Warum mache ich diese Initative? Damit soviele wie möglich das WHY I CARE dieser großartigen Unternehmer/innen hören und ihrem Beispiel folgen. Alleine hätte ich das Buch nicht machen können. Es ging nur durch all diejenigen, die es mitgetragen haben und mutig ihr Beispiel an die Welt zeigen. Ich wollte, ich hätte damals selber als IT-Unternehmerin von solchen Vorbildern lernen können.
Was ich dir hier zeige, ist nicht perfekt. Es geht nicht um einen durchgestylten Auftritt wie bei den Dirk Kreuters, Felix Thönessens und den Bauligs dieser Welt. Was du hier und auf den Unterseiten finden wirst, sind echte Bilder und Geschichten, mit denen wir gemeinsam zeigen wollen, dass wir etwas tun. Wir sind viele – wir sind Impact-Unternehmer/innen von um die Ecke bei dir. Kein Unicorn, sondern bodenständig, anfassbar. Und wir werden immer mehr.
Willst du auch mitmachen? Dann melde dich bei mir und komme ins nächste Porträt.